Die Grotten des Catull in Sirmione am Gardasee

'Grotte di Catullo' - Ein herrschaftliches römisches Anwesen, das seinesgleichen sucht

Die Grotte di Catullo, die größte und besterhaltene römische Villa Norditaliens

Das am Nordufer Sirmiones liegende Anwesen Grotten des Catull (Grotte di Catullo) zählt zu den wichtigsten Touristenattraktionen der Halbinsel. Anders als der Name vermuten lässt, findet der Besucher keine Grotten vor, sondern die Überreste einer weitläufigen römischen Anlage, die bereits im ersten vorchristlichen Jahrhundert angelegt und im ersten nachchristlichen Jahrhundert grundlegend erneuert wurde.

 

Lange nahm man an, dass sich der römische Dichter Catull an diesem Panorama gelabt habe...

Die Grotten des Catull, die größte und besterhaltene römische Privatvilla des nördlichen Italiens

Bei den Grotten des Catull handelt sich vermutlich um die Überreste eines einstmals dreistöckigen, mosaik- und freskengeschmückten herrschaftlichen Wohnsitzes, von dem im Wesentlichen nur die Untergeschosse die Zeiten überdauert haben.

Prachtvoll ausgestattet, verfügte die Villa überdies über zwei lange offene Laubengänge (porticus), die direkt mit der einladenden Panoramaterrasse in der Mitte des nördlichen Vorbaus verbunden waren.

Im 2. Jahrhundert wurde der herrschaftliche Ansitz durch eine Thermalanlage erweitert, die über Bleirohre mit den heilsamen Schwefelwassern der Boiola-Quelle gespeist wurde.

Nicht nur die Ausmaße von mehr als zwei Hektar und die reiche Ausstattung, sondern auch die privilegierte Lage auf dem ausgedehnten Olivenhain über dem Gardasee lassen auf den Reichtum der damaligen Besitzer schließen.

 

Die Römer wandten unterschiedliche Techniken zum Bau von Mauern an

Was es mit dem Anwesen Grotten des Catull und seinem Namensgeber auf sich hat...

Lange hatte der römische Dichter Catull (87/84 – ca. 54 v. Chr.) als Besitzer dieses herrschaftlichen Wohnsitzes gegolten. Diese irrtümliche Annahme rührte von seinem carmen 31 her, in dem das heimkehrende lyrische Ich (und nicht der Autor!) Sirmione als „ocelle“, als „Perle“, besingt. Da es sich darin auch als „Herr“ der Insel bezeichnet, nahm man an, dass Catull hier, im herrschaftlichsten und schönsten Anwesen Sirmiones, gelebt habe. Mittlerweile aber ist man davon abgegangen, das Werk wörtlich zu nehmen.

Der Altphilologe Niklas Holzberg etwa ordnet dieses carmen der Spottdichtung zu und liest es weniger als Heimkehrhymnus als vielmehr als erotisches Gedicht. So gelesen preist das lyrische Ich nicht die Heimat an sich, sondern das Bett, das sie für seine amourösen Abenteuer bereithält... (1)

Vor allem aber wird der Bau der Villa mittlerweile auf die Augusteische Zeit datiert - und damit auf eine Zeit, in der Catull bereits verstorben war... Der Einsturz des Wohnkomplexes mag sich indes im dritten Jahrhundert zugetragen haben.

 

In den Grotte di Catullo kann man in die Lebenswelt der alten Römer eintauchen

Interessante Details zu den Grotten des Catull 

Der irreführende Begriff Grotte kam übrigens in der Renaissance auf: Als er die in sich zusammengebrochene und überwucherte Anlage erblickte, hat sie ein Chronist als solche bezeichnet. In der Renaissance wurden eingestürzte bzw. eingegrabene, von Vegetation überdeckte Strukturen nämlich als "Höhlen" bzw. "Grotten" bezeichnet, zumal man in sie wie in eine natürliche Höhle eindrang.

Heute findet sich in der Nähe des Eingangs auch ein Museum, das mit Informationen zur Anlage und zahlreichen Fundstücken, die bei den Grabungsarbeiten vor Ort, in Sirmione und in anderen Gebieten des Gardasees zutage gefördert wurden, aufwartet.

So wurden in den herrschaftlichen Innenräumen auch Reste von prachtvollen Mosaikböden gefunden, die dem Geschmack der Zeit entsprechend in erster Linie geometrische Figuren zeigten. Später sollten die Römer indes figurative Mosaike mit Abbildungen von Menschen, Tieren oder Landschaften bevorzugen.

 

(1) Vgl. Niklas Holzberg: Heimkehr zur Geliebten: Catulls Sirmio-Gedicht, in: Thomas Bremer/Titus Heydenreich (Hg.): Zibaldone. Zeitschrift für italienische Kultur der Gegenwart, 36/2003, S. 33-40.

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